BGH nimmt zu den Voraussetzungen für eine persönliche Haftung der Gesellschafter für die Abfindungszahlung bei Einziehung von Geschäftsanteilen Stellung

BGH, 10. Mai 2016, II ZR 342/14

Der Bundesgerichtshof hat in Fortführung seines Urteils vom 24. Januar 2012 (II ZR 109/11) entschieden, dass im Falle der Einziehung eines Geschäftsanteils eine persönliche Haftung der verbleibenden Gesellschafter für die Abfindungszahlung nicht bereits dann entstehe, wenn die Gesellschaft später nicht in der Lage ist, die Abfindung bei Fälligkeit aus ungebundenem Vermögen zu zahlen, oder auf Berufung auf dieses Hindernis die Zahlung verweigert. Auch wenn die Gesellschaft insolvent würde, begründe dies nicht zwingend eine persönliche Haftung der übrigen Gesellschafter. In seiner Entscheidung aus dem Januar 2012 hatte der BGH geurteilt, dass ein Beschluss zur Einziehung von Geschäftsanteilen an einer GmbH nicht erst mit vollständiger Zahlung der Abfindung, sondern bereits mit Bekanntgabe des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter wirksam werde. Dies war zuvor streitig gewesen. Der BGH hatte seine Ansicht unter anderem damit begründet, dass der ausscheidende Gesellschafter durch eine persönliche Haftung der übrigen Gesellschafter ausreichend geschützt werden könne.

In seiner jetzigen Entscheidung stellt der für Gesellschaftsrecht zuständige zweite Senat nochmals klar, dass die persönliche Haftung der Gesellschafter erst dann entstehe, wenn dem ausgeschiedenen Gesellschafter einerseits eine Abfindung mangels ausreichenden ungebundenen Vermögens der Gesellschaft verweigert würde, die verbleibenden Gesellschafter aber andererseits die Gesellschaft fortsetzten und nicht etwa auflösten, ohne sie in die Lage zu versetzen, die Abfindung zu leisten. Dadurch würden sie sich den durch die abfindungslose Einziehung entstehenden Mehrwert ihres eigenen Anteils treuwidrig einverleiben. Diese Voraussetzungen sah der BGH im entschiedenen Fall als nicht erfüllt an. Die Gesellschaft hatte dem ausgeschiedenen Gesellschafter kurz vor Fälligkeit der letzten Abfindungszahlung mitgeteilt, diese wegen einer bilanziellen Überschuldung nicht leisten zu können. Ob dies tatsächlich der Fall war, war in der Vorinstanz offen geblieben. Etwa ein halbes Jahr später beantragte die Gesellschaft die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

In seiner Begründung führt der BGH aus, dass auch dann, wenn die Gesellschaft entgegen ihrer Aussage über ausreichende Mittel verfüge, die Nichtzahlung für sich genommen noch nicht auf ein treuwidriges Verhalten der übrigen Gesellschafter schließen lasse. Denn ein Streit über die Abfindungszahlung könne verschiedene Gründe haben. Das Risiko, dass die Gesellschaft die Abfindung nicht freiwillig zahlt, trage der ausgeschiedene Gesellschafter, der seinen Anspruch notfalls gerichtlich gegen die Gesellschaft durchsetzen müsse. Eine Haftung der verbliebenen Gesellschafter entstehe auch dann nicht zwingend, wenn über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet werde oder wenn die Gesellschaft insolvenzreif und der notwendige Insolvenzantrag nicht treuwidrig verzögert werde. Da die Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch zur Auflösung der Gesellschaft führt, scheide schon aus diesem Grund eine treuwidrige Fortsetzung der Gesellschaft durch die übrigen Gesellschafter aus.

Der Bundesgerichtshof stellt in seinem Urteil zudem klar, dass eine persönliche Haftung der übrigen Gesellschafter bei treuwidriger Fortsetzung der Gesellschaft nicht nur im Falle der Zwangseinziehung, sondern auch dann bestehe, wenn die Einziehung mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafter beschlossen wurde.  

Die Entscheidung des BGH finden Sie hier. Wenn Sie an weiteren Informationen zu diesem Thema interessiert sind, würde sich Christine Oppenhoff über Ihre Kontaktaufnahme freuen.

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